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Wenn dir die Worte fehlen

Eine Situation, der ich lange nicht in die Augen blicken wollte und die ich immer wieder verdrängte, war der Verlust einer sehr guten Freundin, die von einem Tag auf den anderen nicht mehr in meinem Leben war. Sie zog weg, und ich erfuhr von meiner Lehrerin erst davon, als es schon passiert war. Die Umstände hatten mit der politischen Situation vor der Wende zu tun, und ich, mit 7 oder 8 Jahren, war wohl kaum in der Lage, das zu erfassen. Was ich aber wusste: Sie war von einem Tag auf den anderen weggezogen. Das machte mich sehr traurig; ich fühlte mich ausgeliefert, soweit man das als Kind in dem Alter wahrnehmen kann.

Etwa zwei Jahre später entwickelte ich eine Skoliose, eine Rückgratverkrümmung, und musste im Alter zwischen 9 und 13 Jahren ein Korsett tragen. Ich fühlte mich gefangen im eigenen Körper, denn sich 23 Stunden, auch in der Nacht, eingepfercht zu fühlen, war unangenehm, und doch musste ich es aushalten (lies dazu gerne den Blogartikel über die Skoliose und wie sie mich lehrte, standhaft zu sein).

Was die Jahre darauf folgte, war oft der Versuch, auszudrücken, wie ich mich fühlte, dem Gefühl, etwas nicht ändern zu können, auszuweichen. Gleichzeitig stellte sich die Frage: Wer bin ich ohne meine beste Freundin? Wer bin ich ohne das Korsett?

Ich schwebte, aus heutiger Sicht, zwischen dem Wunsch, mich selbst verstehen zu wollen, und dem Versuch, mich auszudrücken, während ich gleichzeitig das Muster aufrechterhielt, dass ich mich zurückhalten müsste. Die Wahrheit verbergen, nichts sagen, und gleichzeitig ausbrechen wollen, alles sagen.

Diese und andere Erfahrungen als Kind haben wahrscheinlich dazu beigetragen, dass ich, sobald ich einen Raum betrat, sofort spürte, wenn etwas seltsam war. Schlechte Laune, Streit – ich roch es förmlich. Damals war mir das super unangenehm. Die Emotionen der anderen krochen direkt in meinen Körper. Ich habe lange nicht verstanden, dass es gar nicht alles meine eigenen Gefühle waren. Sie fühlten sich so echt an. Mein natürliches Gemüt ist nämlich eher fröhlich und ruhig.

Die unermüdliche Suche nach persönlichem Ausdruck

Noch während der Schulzeit liebte ich es, Theater zu spielen, mich in Rollen hineinzuversetzen und auszuprobieren, wer ich noch sein könnte. Es war der Versuch, zu flüchten, und gleichzeitig wollte ich herausfinden, was meine eigenen Empfindungen waren. Die Bühne war mein Ort, an dem ich mich verlieren und zugleich finden konnte. Ich liebte es, in Rollen einzutauchen, Identitäten zu erforschen und Emotionen auf eine Art und Weise zu zeigen, wie ich es im Alltag nicht konnte. Doch ich kratzte irgendwie nur an der Oberfläche. Ich spielte und traute mich gleichzeitig nicht, voll und ganz in die Gefühlswelten abzutauchen.

Ich wollte zwar Schauspielerin werden, schrieb mich dennoch nach dem Abitur für Pädagogik, Ethnologie und Soziologie für drei Semester an der Universität Mainz ein. Dort machte ich meine Scheine, aber der Fokus lag noch auf der Schauspielerei und den Aufnahmeprüfungen an Schauspielschulen. Nur knapp verpasste ich die dritte Runde an der Schauspielschule in Bochum. Ich ließ das Studium sausen und verbrachte einige Monate auf einer privaten Schauspielschule in Wiesbaden, bis ich wieder das Gefühl hatte, es sei nicht der richtige Ort für mich. Dann ging ich mit 20 von zu Hause weg. Ich wollte ein Freiwilliges Soziales Jahr in Freiburg machen, um danach Theaterpädagogik zu studieren. Nach dem FSJ und vor dem Semesterbeginn reiste ich nach Thailand.

Dort hatte ich einen Mopedunfall. Ich fühlte mich zu der Zeit nicht richtig wohl mit mir selbst. Alles fühlte sich emotional durcheinander an. Ich war auf der Suche nach mir. Mit dem Unfall kam ein wichtiger Wendepunkt. Vor der Abreise gab mir ein Freund die Adresse eines buddhistischen Klosters, und ich entschied mich tatsächlich, dort hinzugehen. Für 10 Tage blieb ich ganz mit mir und bei mir, mit nur wenigen Gesprächen und Konsultationen zwischendurch. Ich war anfangs überwältigt von all den Gefühlen, die während der Gehmeditation hochkamen, und doch: „right goes thus, left goes thus“. Weiter und weiter. Es hat mich sehr geprägt. Heute weiß ich, wie mächtig und schön unsere innere Gedanken- und Gefühlswelt ist und wie sehr wir uns selbst auch beeinflussen können.

Wenn ich in meinen Copywriting-Coachings davon spreche, wie Energie in Worte übersetzt werden kann, dann hat das auch mit der Erfahrung zu tun, die ich damals gemacht habe.

Weitere Studien-Stationen

Es erschien mir logisch: Ich würde Theater und Pädagogik verbinden. Das sei voll mein Ding. Doch auch das Studium reichte mir irgendwann nicht. Ich kam bis zum Vordiplom. Ich wollte etwas anderes – tiefer gehen oder weglaufen. Das war manchmal schwer zu erkennen, was mein wahrer Beweggrund war. Aber ich wollte wieder weg. Dort wurde kaum reflektiert, alles wurde beklatscht, auch Dinge, die meiner Meinung nach nicht gut waren. Ich probierte mich mit Performances aus, und als dann mein Mann, den ich schon seit meiner Zeit in Mainz kannte, in meine Nähe zog, zog ich nach Braunschweig. Dort beendete ich in der Filmklasse von Birgit Hein und der Fotoklasse von Dörte Eißfeld mein erstes Studium komplett und wurde später Meisterschülerin bei Candice Breitz.

Wir zogen nach Berlin, wo unsere erste Tochter zur Welt kam. Wieder veränderte sich etwas, und wir zogen in die Nähe der Großeltern, wo drei Jahre später unser Sohn zur Welt kam. Mein Fokus veränderte sich auch. Es war eine intensive Zeit – meine Liebe wuchs unendlich. Auch wenn es in mir nach kurzer Zeit wieder brodelte. Die Frage kroch wieder in mir auf: Was will ich wirklich machen? Wozu bin ich hier?

Ich arbeitete als Erzieherin in Kindergärten und im Hort, während ich ein Zweitstudium in einem dualen Studiengang in Koblenz absolvierte. Mein Vater war gerade in Rente gegangen und kam mit mir und meinem Sohn nach Koblenz. Während ich die Vorlesungen besuchte, kümmerte er sich rührend um ihn. So konnte ich studieren und stillen. Was für eine Zeit!

Ich bekam ein Stipendium der Hertie-Stiftung, das genau für Menschen wie mich konzipiert war – Menschen, die schon viele unterschiedliche Erfahrungen gemacht hatten. Anfangs war es nur für Menschen mit Migrationshintergrund konzipiert. Ich bin in Deutschland geboren, meine Mutter kommt aus dem Banat in Rumänien (lies dazu gerne meinen Buttercreme-Artikel). Die vorherigen Stipendiat*innen hatten initiiert, dass sich auch Menschen ohne Migrationshintergrund bewerben durften. Ihr Argument: Wenn es um Vielfalt geht, dann richtig – nämlich Vielfalt für alle. Diese Art des Miteinanders war für mich sehr heilsam. Ich wurde bei der Eröffnungsveranstaltung spontan gefragt, ob ich mit auf die Bühne gehen würde, um ein paar Worte zu sagen. Das hat mich natürlich sehr gefreut. Dieses Stipendium mit unfassbar guten Workshops hat mich ebenso geprägt. Es ging unter anderem um Bindungstheorie, Kommunikation und Vielfalt. Alles Themen, die mich interessierten.

Ich absolvierte das Studium, begann mich mehr und mehr mit Bewusstsein und energetischem Arbeiten, wie Reiki, zu befassen, und die Frage, die sich hartnäckig in mir festgesetzt hatte: „Was ist meine wahre Bestimmung?“ kam immer wieder hoch.

Ein Wendepunkt

Mit 34 wurde meine Familie in einen Unfall verwickelt. Wir waren auf der Heimreise von einem Urlaub am Gardasee, alles war wundervoll, und dann passierte es ganz plötzlich und unerwartet. Fünf Totalschäden – ein Reisebus schleuderte ein Auto in uns hinein. Die rechte hintere Achse war gebrochen, mein Sohn saß mit seinen etwa 2 1/2 Jahren auf der Seite, deren Tür herausgerissen wurde. Nur wenige Zentimeter hinter seinem Kopf eine dicke Delle. Niemand wurde verletzt. Mein Mann reagierte zum Glück schnell und fuhr, soweit es ging, an den Rand. Mein Sohn sagte uns später: „Und dann hab ich dem Bus Nein gesagt!“ Es wirkte alles surreal, wie in einer Filmszene. Später war mir klar: Die Matrix hatte sich verändert, so erschien es mir. Direkt danach zogen wir nach Trier, wo wir heute noch leben. Diese Erfahrung lehrte mich, wie kostbar jeder Augenblick ist.

Kurz darauf zogen wir nach Trier, und das Leben begann sich wieder zu stabilisieren. Doch die Fragen blieben: Was will ich wirklich tun? Was ist mein Beitrag in dieser Welt?

Als ich 2019 meinen Bachelor schrieb und aufhörte, als Pädagogin zu arbeiten, entschied ich mich wieder freiberuflich zu arbeiten, wie ich es als Künstlerin bereits kannte.

Vom Copywriting zur Seelensprache

Dann kam das Schreiben von Business- und Werbetexten in mein Leben. Eine Mentorin von mir fragte mich, ob ich merken würde, wie toll meine Texte auf Social Media seien? Ich war überrascht und gleichzeitig viel mir das Schreiben besonders leicht. Bei ihr bekam ich meine ersten Textaufträge, und so nahm alles seinen Lauf. Ich machte Werbung, entwickelte meine ersten Kurse und bot ein Dankbarkeitsjahr an, in dem wir Monat für Monat unterschiedliche Themen betrachteten und meine Kund*innen Dankbarkeitstagebücher schrieben. Aus dem Kurs heraus kam, wie von allein, meine erste Buchcoaching-Kundin zu mir. Es folgten viele weitere Schreibcoachings, Kurse und Angebote als Texterin und Coach. Die enge Zusammenarbeit mit meinen VIP-Kundinnen, deren Texte ich bearbeitete, war lange das Kernstück meiner Arbeit. Wobei es bereits sehr stark darum ging, meine Kund*innen dazu zu ermächtigen, ihre individuelle Art zu schreiben, selbst zu entwickeln und auszubauen.

Die Transformation vom Copywriting hin zu Seelensprache war es, immer weniger Texte für meine Kund*innen zu schreiben oder zu verfeinern, wie ich es lange nannte. Jetzt geht es darum, meine Kund*innen in ihren eigenen Selbstausdruck zu begleiten, durch Feedback, Innehalten und Klarheit.

Fazit – Der Weg zur Seelensprache

All diese Erfahrungen – von den Studienjahren über meine künstlerischen Versuche bis hin zu den Unfällen und der Familiengründung – haben mich letztlich zu dem geführt, was ich heute als Seelensprache bezeichne. Meine vielen Ausbildungen und Umwege haben mich dorthin gebracht, wo ich heute stehe: als Künstlerin, Schriftstellerin und Begleiterin, die andere dabei unterstützt, ihre eigene Seelensprache zu finden.

Ich habe erkannt, dass es meine Gabe ist, Menschen dabei zu helfen, ihre Wahrheit in Worte zu fassen – Worte, die nicht nur verkaufen, sondern eine tiefere Verbindung zu sich selbst und zu anderen schaffen. In meinen Coachings und Schreibarbeiten kitzle ich diese Wahrheit aus ihnen heraus, indem ich sie unterstütze, ihre eigene innere Stimme zu finden und zu erheben. Oft ist es eine Stimme, die lange überhört wurde, die sie selbst unterdrückt haben. Ich kenne das nur zu gut und ermutige andere dazu ihrem Weg zu vertrauen. Ich bin da und zeige ihnen, wie wertvoll sie sind, wie einzigartig ihre Worte, ihre Botschaften und ihr Licht in dieser Welt sind.

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